Meine eigene Pokémon-Version von Splendor – Ein Bastelabenteuer

Einleitung

Als ich beim Vereins-Sommerfest 2024 zum ersten Mal Splendor gespielt habe, dachte ich mir: eigentlich ein echt cooles und simples Spiel. Vielleicht perfekt, um meine Kinder – sobald sie eeeendlich alt genug sind 😄 – an das schöne Hobby der Brettspiele heranzuführen.

Ein Jahr später, im Herbst 2025, stolperte ich dann auf Reddit über einen Post von Tinyornithopter, der schrieb, er habe eine Pokémon-Version von Splendor erstellt. Das musste ich mir genauer ansehen.

Ich wusste, dass es offiziell schon eine Pokémon-Edition von Splendor gibt, aber die war nur über teure Korea-Importe zu bekommen. Also nichts für den normalen Geldbeutel.
Und da ich – wie so viele von uns – ein Kind der 90er bin, das Pokémon mit jeder Faser seiner Kindheit aufgesogen hat, war das sofort ein Volltreffer. Ich kannte alle 150 Pokémon auswendig, hatte alle Gameboy-Versionen, Sticker, Sammelkarten, Bücher – das volle Programm.
Da war klar: Das Projekt will ich ausprobieren.


Was ist Splendor eigentlich?

In Splendor sind die Spieler reiche Kaufleute der Renaissance. Sie kaufen Entwicklungskarten, mit denen sie dauerhaft Edelstein-Boni erhalten, um dadurch immer teurere Karten und schließlich Prestigepunkte zu sammeln. Wer zuerst 15 Punkte erreicht, gewinnt.

Ein Zug ist immer kurz und klar:

  1. Aktion wählen: Chips nehmen (entweder zwei gleiche oder drei verschiedene), eine Karte kaufen oder eine Karte reservieren (dabei gibt’s einen Joker-Goldchip).
  2. Karten kaufen: Gekaufte Karten geben dir dauerhaft einen Bonus in einer bestimmten Edelsteinfarbe.
  3. Adlige: Wer genug Boni gesammelt hat, zieht Adlige an, die weitere Punkte bringen.
  4. Spielende: Sobald jemand 15 Punkte hat, wird die Runde fertig gespielt – dann steht der Sieger fest.

Klingt simpel, ist aber strategisch genug, dass man sich leicht darin verlieren kann.

Das Reddit-Projekt von Tinyornithopter

Der Auslöser für alles war ein Reddit-Post von Tinyornithopter im Herbst 2025, der eine komplette Pokémon-Version von Splendor gestaltet hat – mit Karten, Token und allem Drum und Dran (Hier der Link zum Post).
Die Edelsteine wurden zu Pokémon-Beeren, die Adligen zu legendären Pokémon. Und anstelle von offiziellen Grafiken hat er ausschließlich Fan-Art verwendet, jeweils mit Angabe des Künstlers.

In seiner überarbeiteten Version hat er sogar zwei Erweiterungen eingebaut:

  • Trading Posts wurden zu Trainern, die man „besiegen“ kann.
  • Cities wurden zu verheerenden legendären Pokémon – also solchen, die ganze Städte zerstören könnten.
  • Karten aus der Orient-Erweiterung wurden zu Regionalformen wie Alola oder Galar.

Die ursprünglichen 90 Karten (40/30/20) hat er außerdem auf über 250 Karten erweitert (118/104/55). Dazu kamen Pokémon Typen (wie Feuer, Gestein oder Elektro), die für Trainerkämpfe eine Rolle spielen.


Auch Entwicklungen sind jetzt sichtbar – mit der kleinen Hausregel, dass Entwicklungen eine Beere weniger kosten.

Das war genau mein Ding. Und nachdem ich die Karten durchgesehen hatte, dachte ich:

„Hey – warum mach ich mir nicht selbst ein Print-at-Home-Projekt?“

Wie teuer kann das schon werden? (Spoiler: ohje.)


Mein eigenes Projekt

Natürlich dachte ich zuerst: Super, das druck ich mir einfach aus, kleb’s auf Karten und fertig. Aber schnell wurde klar, dass das Ganze mehr Aufwand bedeutet, als es auf den ersten Blick aussah. Ich wollte, dass das Spiel ordentlich aussieht – so, dass man es auch im Verein auf den Tisch legen kann, ohne dass es wie ein Schulprojekt wirkt.

Also fing ich an zu planen…

Ich hab zuerst Tinyornithopter direkt angeschrieben und um die Druckdateien gebeten. Keine fünf Minuten später kam die Antwort:

„Klar, hier sind die Dateien zum Download.“

Er hatet alles in einer Software namens Dextrous erstellt – ein Tool für Brettspiel-Prototypen. Die Druckdaten gab’s als einzelne PNGs oder als 3×3-PDFs im DIN-A4- und US-Letter-Format. Vorder- und Rückseiten jeweils separat, mit und ohne Beschnittzugabe.

(Die Beschnittzugabe (englisch: “bleed”) ist ein umlaufender Rand um das Endformat, der mit Farbe bedruckt wird aber nach dem Druck abgeschnitten wird. Mit dieser Technik wird sichergestellt, dass Farben oder Fotos, die bis zum Rand des Druckprodukts sichtbar sein sollen auch wirklich bis zur Kante gedruckt werden.)

Und so begann mein Abenteuer.


Recherchieren und Planung

Zuerst ging es um die Frage: Wo kann man Spielkarten drucken lassen?
Nach ein paar Stunden Recherche war klar – das ist nichts für Gelegenheitsbastler. Mindestauflagen bei 100 Stück, Preise jenseits der 150 €.
Zum Vergleich: Splendor kostet mit beiden Erweiterungen rund 75 €.

Ich fragte also in lokalen Copyshops nach. Die meisten winkten ab – beidseitiger Kartendruck sei aufwendig, und bei 500 Karten lande ich locker über 100 €.
Ein Freund aus dem Verein brachte mich schließlich zur JVA Straubing, die tatsächlich Druckaufträge für Externe anbietet. Preislich etwa 55 €, allerdings wohl auf 80 g-Papier.
Klang interessant, aber irgendwie wollte ich’s doch selbst probieren (und günstiger…).


Die Spielkarten selbst herstellen

Korrektur der Druckdateien

Als ich den ersten Probedruck (für die Papierstärken) machte, fiel mir auf: die PDF Seitengröße waren gar nicht DIN A4, sondern US Letter. Es scheint wohl ein Problem im Export aus Dextrous gegeben zu haben.
Also erstmal wieder Tinyornithopter eine DM geschrieben und ihm über die falschen Maße informiert. Dieser zögerte nicht lange und bot an direkt eine Nachricht an die Entwickler zu schicken, worauf ich 1 Tag später die richtige Papiergröße als PDF erhielt.
Leider war jetzt die Kartengröße falsch. Ein Nachmessen ergab 63,5 × 88 mm sollten es sein, tatsächlich war’s kleiner. Also hab ich das PDF einfach auf 110,43 % skaliert.
Das löste das Größenproblem – aber nicht das nächste: die Karten waren nun nicht mehr zentriert.
Beidseitig drucken war so also schwierig. (Wie ich das später gelöst hab, kommt gleich.)

Übersetzung

Ein zweiter Punkt störte mich: die Kartennamen waren alle auf Englisch.
Ich bin halt jemand, der die deutschen Namen im Kopf hat – Glumanda, nicht Charmander.

Also fragte ich Tinyornithopter, ob ich die Texte übersetzen dürfe.
Er schickte mir eine Excel-Tabelle mit 500 Einträgen.
Zum Glück hab ich einen IT-Hintergrund: Ich schnappte mir die Namensliste von PokéWiki, baute sie in die Tabelle ein und schrieb eine Formel, die englische Namen automatisch auf Deutsch mappt.
Das klappte fast perfekt – bis auf drei Fehler:

  • Auf einer Karte steht jetzt „Name3“ statt „Alola-Raichu“ (da die Alola Formen nicht in der Tabelle waren).
  • Und Rabautz entwickelt sich zu Schleimok. Ups.
  • Die Trainer musste ich alle manuell eintragen, was ich teilweise sehr interessant fand wie sich deutsche und englisch Trainernamen unterscheiden. Von kleinen Schreibweise-Abweichungen wie Lillie (engl.) zu Lilly aber auch ganze Abwandlungen wie Lance (engl.) zu Siegfried??

Papierstärke

Ich hatte das große Glück dass die Tante meiner Frau noch altes Bastelmaterial rumliegen hatte und mir so je 1 Blatt verschiedenster Papierstärken geben konnte – verschiedene Stärken von 160 g bis 250 g.
Ich druckte Probe-Seiten, klebte Vorder- und Rückseiten zusammen und testete, wie sich die Karten anfühlen.
210 g war stabil, aber 250 g schon zu dick.
Am Ende entschied ich mich für 160 g – und bekam dankenswerterweise gleich noch 200 Blatt davon geschenkt.
Plus: eine professionelle Schneidemaschine. Gold wert.

Druck

Jetzt da die Papierstärke geklärt war, ging es um den Ausdruck. Meine erste Idee war, einfach online die Seiten auszudrucken. Aber auch hier bin ich auf Probleme gestoßen: Die meisten online Copyshops bieten nur PDF-Druck bis max. 120g Papier an und eine Farb-Kopie (z.b. bei DM) kostete ca. 55ct.
Also selbst gedruckt – auf meinem HP-Tintenstrahler.
Ergebnis: akzeptabel, aber mit leichten Streifen auf vielen Karten.
Nach 30 Seiten waren die Patronen leer. Insgesamt gingen drei XL-Patronen drauf.
Neudrucken wär möglich gewesen, aber ehrlich – die Tinte war’s nicht wert. Beim Spielen fällt’s eh kaum auf.


Der Herstellungsprozess

Material und Anschaffung

Ich besorgte mir:

  • einen Eckenrunder (für saubere Kartenkanten)
  • Sprühkleber (weil flächig auftragbar, ohne Klumpen)
  • zwei neue Farbpatronen (Alternativen, keine Original-HP)
    Dazu die Schneidemaschine und die 160 g-Seiten von meiner Schwiegertante.

Druck der Karten

Mit der richtigen Skalierung und Qualitätseinstellung (Druckqualität von „Normal“ auf „Optimal“ / wenn schon denn schon) ging das Drucken recht gut.
Nach rund 108 Seiten war alles fertig – und mein Drucker vermutlich traumatisiert.

Zusammenbau

Jetzt wurde es knifflig.
Durch die Skalierung waren Vorder- und Rückseiten nicht mehr exakt deckungsgleich.
Ich half mir mit Stecknadeln, die ich als Positionierhilfe nutzte.
Der Sprühkleber war aber anfangs meine größte Hürde: Ich hatte die Anleitung nur überflogen, dachte mir „draufsprühen, fertig“ – und wunderte mich, warum nix hielt.
Später las ich genauer: erst 1–5 Minuten antrocknen lassen, dann pressen.
Und noch später: besser beide Seiten besprühen.
Ab da funktionierte es perfekt.

Ich schnitt die Seiten an den Markierungen, rundete die Ecken ab und steckte alle Karten in Sleeves – geliehen von meinem durchgespielten Gloomhaven das im Schrank schon Staub ansetzte.
Am Ende hatte ich rund eine Woche lang jeden Abend drei bis vier Stunden gebastelt.
Pro Seite etwa 10–14 Minuten.

Die fertigen Karten kamen in eine Sammelbox von Temu – 10 €, während Amazon das gleiche Produkt für 35 € verkauft.

Token aus dem 3D-Drucker

Splendor lebt ja von diesen schönen Pokerchips.
Ich wollte das gleiche Gefühl. Also hab ich in Fusion 360 eigene Chips modelliert, mit kleiner Vertiefung, und sie auf meinem Bambulab A1 gedruckt.
In die Vertiefung kamen die gedruckten Beeren-Token – sieht richtig gut aus.


Dankeschön

An dieser Stelle ein großes Danke an Tinyornithopter für die freundliche Hilfe, die blitzschnellen Antworten und das Teilen der Druckdateien. Ohne seine Vorlage hätte ich dieses Projekt nie gestartet.


Kostenaufstellung

Ich liste drei Werte:

  1. Tatsächliche Gesamtkosten (inkl. Anschaffungen, Materialüberschuss usw.)
  2. Anteilige Materialkosten – also nur das, was tatsächlich verbraucht wurde.
  3. Meine realen Kosten, da ich Papier, Box und Sleeves geschenkt oder wiederverwendet habe.

Drucker, 3D-Drucker und Schneidemaschine rechne ich nicht ein, weil man die theoretisch ersetzen könnte oder eh zuhause hat.
Das Eckenrundgerät zähle ich aber dazu – ohne das bekommt man keine sauberen Karten.

Zur Einordnung meiner persönlichen Kosten: Ich hatte vor dem Projekt noch Original-HP-Patronen für 45 € – ja, das war dumm – und habe diese teilweise mitverwendet.

ProduktVerkaufte AnzahlEinheitKostenBenötigte AnzahlEinheitGesamte Material KostenAnteilige Material KostenMeine Kosten
DinA4 160gr Papier250Stück15,00 €106Stück
15,00 €6,36 €0,00 €
Sprühkleber500ml18,00 €750ml
36,00 €27,00 €36,00 €
Drucker Patronen (Farbe)1Stück14,00 €4Stück
56,00 €56,00 €94,00 €
Drucker Patronen (Schwarz)1Stück14,00 €1Stück
14,00 €14,00 €14,00 €
Sleeves500Stück14,00 €475Stück
14,00 €13,30 €0
3D Filament für Token1000Gram12,00 €100Gram
12,00 €1,20 €1,20 €
Aufbewahrungsbox1Stück11,00 €1Stück
11,00 €11,00 €0
Kanten Knipser1Stück9,00 €1Stück
9,00 €9,00 €9,00 €
















Summe:167,00 €137,86 €154,20 €

Fazit

Am Anfang dachte ich: Selber drucken muss doch deutlich günstiger sein als das Originalspiel.
Tja. Nicht ganz.

Als ich mitten im Projekt steckte, war ich schon zu tief drin, um aufzuhören. Aber ehrlich gesagt – es hat Spaß gemacht.
Das Basteln war meditativ, das Ergebnis solide (ich würde sagen 8/10), auch wenn die Druckqualität eines Tintenstrahldruckers natürlich nicht mit Profiware mithalten kann.

Die erste Partie war auf jedenfalls ein Highlight, wenn man Karten aufgedeckt hat und der Tischrunde mitteilte dass ein wildes Magnetilo erschienen ist! Natürlich mit original Pokémon Arcade Musik von Spotify im Hintergrund.

Würde ich’s weiterempfehlen?
Nein, vermutlich nicht. Die Kosten waren fast doppelt so hoch wie beim Kauf der Originalspiele, nur damit statt Händlern Pokémon drauf sind.
Wenn ich’s nochmal machen würde, würde ich das Angebot der JVA annehmen – die Druckqualität wäre sicher top gewesen.

Aber sonst bin ich zufrieden.
Und ehrlich: allein die Bastelwoche war’s wert.